Zur durch das Attentat von Paris noch angeheizten Diskussion um den Umgang mit Pegida bzw. den hannoverschen Trittbrettfahrern Hagida erklärt Mustafa Erkan, SPD-Landtagsabgeordneter:

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
ich bin ein aufgeklärter Politiker. Ein Deutscher mit türkischem Migrationshintergrund. Ich bin hier in Deutschland geboren und aufgewachsen. Meine Eltern sind als Gastarbeiter vor 45 Jahren nach Deutschland gekommen. Meine Eltern und ich haben dieses Land als tolerant und weltoffen kennen- und lieben gelernt. Ich kann mich noch gut an den Aufstand der Anständigen erinnern. DAS war mein Deutschland. Doch dieses Deutschland hat sich verändert. Von Dresden aus ging eine Bewegung um die Welt, die mir Angst macht: Pegida. Angeführt von bekannten rechten Gestalten sammelt sich hier eine diffuse Mischung aus Wutbürgertum, Stammtisch-Wissen und schlimmsten Nazis.

Sicher: Man darf Pegida-Anhänger nicht gleichmachen. Es sind Menschen dabei, die aus persönlicher Sorge Politik nicht mehr vertrauen. Mit diesen Menschen muss man ins Gespräch kommen. Aber nicht unter dem Dach einer Gruppierung, die Intoleranz predigt. Meine Antwort auf totale Intoleranz ist jedenfalls keine Toleranz. Wer an dumpfe Vorurteile und Fremdenhass appelliert, darf nicht erwarten, dass ich als Politiker für Gespräche zur Verfügung stehe. Wer Fakten durch Parolen ersetzt, kann mir ernsthaft gestohlen bleiben. Wer an einer echten Auseinandersetzung über das Thema interessiert ist, für den nehme ich mir alle Zeit der Welt.

Jetzt ist Pegida hier bei uns im Norden angekommen und nennt sich Hagida. Am kommenden Montag bin ich dabei, wenn zur Gegendemonstration in Hannover aufgerufen wird. Ja, zur Gegendemonstration. Schlimm finde ich, wie die angebliche Alternative für Deutschland mit dem Thema umgeht. Ein natürlicher Verbündeter sei die Pegida, tönte AfD-Vize Gauland. Und legte nach dem feigen Attentat von Paris noch nach: „All diejenigen, die bisher die Sorgen der Menschen vor einer drohenden Gefahr durch Islamismus ignoriert oder verlacht haben, werden durch diese Bluttat Lügen gestraft”, sagte Gauland. Der Angriff auf die Redaktion des französischen Satiremagazins sei ein Anschlag auf Demokratie, Meinungs- und Pressefreiheit. Ausgerechnet Teilnehmer der Pegida-Protestmärsche verunglimpfen regelmäßig Medien als Lügenpresse.

Wichtig ist jetzt vor allem: Allen Angehörigen der Opfer von Paris zu gedenken. Ihnen gelten mein Mitgefühl und mein herzliches Beileid. Schlimm, aus diesem feigen Akt der Aggression jetzt eine Existenzberechtigung für Pegida oder die AfD abzuleiten. Ich kann nur warnen. Vor dem Stumpfsinn Pegida. Vor einer rechtslastigen AfD, deren bürgerlicher Anstrich mehr und mehr abbröckelt. Ich will ein weltoffenes Deutschland. Ein Deutschland, das keine Unterschiede macht. Wer ein Verbrechen begeht, wer Menschen tötet, muss mit der ganzen Härte unseres Gesetzes rechnen.

Egal, ob er Christ, Moslem, Jude oder nichts davon ist. Ich bin für Fakten statt Parolen. Ich bin für Toleranz und Gerechtigkeit. Genau dafür werde ich mich auch weiter stark machen. In unserem Deutschland.
Mit freundlichen Grüßen
Mustafa Erkan